Mit diesem Beitrag nimmt Patricia, genannt Striezi, an meiner Blogparade „Geburtsvorbereitung für Väter“ teil. Da ihr eigener Blog auf französisch erscheint und noch im Aufbau ist, darf ich ihren Beitrag hier auf meinem Blog veröffentlichen.
Als ich die Blogparade mit Thema Väter und Geburtsvorbereitungskurs sah, kamen mir sehr viele Gedanken, und ich erinnerte mich an meine Schwangerschaften. Damals fing man an, die Väter mitbringen zu können zum Geburtsvorbereitungskurs, aber damals waren die meisten solcher Kurse doch sehr technisch, und nicht viel mehr wie Grundwissen.
Von Gefühlen, von Urwissen, von Intuition war wenig die Rede. Der Mutter wurde beigebracht, wie sie zu Atmen hatte (oder Hecheln), wann sie zu drücken hatte usw, dass sie nichts essen durfte nach Einsetzen der Wehen, und brav m Gebärstuhl mit gespreizten Beinen zu bleiben habe. Der Vater konnte dabei sein, um zuzuhören, aber sehr wenige Väter kamen damals mit, es war noch weitgehend technisches Basiswissen für die werdende Mutter.
Durch meine Arbeit mit so vielen Familien, beobachtete ich im Laufe der Jahre den langsamen Wandel, der um die Geburt stattfand, und immer noch am Wirken ist. So ist dieses Thema der Väter und ihr Platz im Geburtsvorbereitungskurs eines, mit dem ich mich gerne beschäftige und mir sowieso schon öfter Gedanken gemacht habe.
Gebären war Frauensache!
Seit Beginn der Menscheit, war die Geburt Sache der Frauen, die das Wissen, die intuitiven sowie gelernten Fähigkeiten zum Gebären und zum Unterstützen der Geburt hatten; es waren Frauen, die der werdenden Mutter bei der Geburt beigestanden haben, sowie im Wochenbett die jungen Mütter unterstützt haben. Männer waren von der Geburtswelt ausgeschlossen. Es war Frauensache!
Erst vor ein paar Jahrzehnten, als sich langsam die sozialen Muster von Frauenwelt und Männerwelt etwas zu öffnen begann, wurden Väter etwas in den Prozess der Geburt intergriert.
Dies begann im 18 Jahrhundert, als die Geburt langsam und dann immer mehr in die Krankenhäuser verlegtes Männerfachwissen wurde, mit Ärzten die alleine die Autorität über das Gebären nahmen, und Schwangerschaft und Geburt eine Sanitätsangelegenheit wurde.
Hebammen waren zugelassen, aber die wahren Spezialisten waren Ärzte (die Anfangs auschliesslich Männer waren, Frauen erst später). In gewissem Maße ist es in unseren „zivilisierten“ Ländern heute noch so. Die Geburt wurde also Fachmannssache, mit Frauen (Hebammen, Schwestern) als Hilfestellung.
Vollendete Tatsachen für die Väter am Ende der Geburt
Mitte des 20.Jahrhunderts, als um die starren Grenzen der Geschlechtsrollen allmählich etwas Lockerungen entstanden, wurde der Vater endlich im Kreissaal geduldet, als stiller Beobachter, und er durfte, als das Kind geboren wurde (und erst als es von den Schwestern schön gesäubert worden war, die Nabelschnur getrennt, das Baby gewogen und die ersten Untersuchung erledigt) dann das Baby auf den Arm nehmen.
Geburt wurde von reiner Frauensache, zum Männerfachwissen, wo die Mutter nur die Patientin war, und langsam aber sicher tritt ein Wandel ein zur Familienangelegenheit. Die Eltern durften den Geburtsprozess gemeinsam erleben und das Baby gemeinsam empfangen. Welcher Unterschied für den Vater!
Es muss hier aber erwähnt werden, dass Männer nicht genauso funktionieren und fühlen wie Frauen. Auch wenn es nicht mehr so starr ist, Männer reden dennoch weniger über Gefühle, und suchen auch keine Unterstützung, sie sind noch so geprägt, dass sie Situationen einfach „managen“ müssen.
Väter sind eher stille Beobachter – bei der Geburt und im Kurs
Bedenken wir auch, dass die schwangere Frau durch ihre Hormone und ihre physiologischen sowie seelischen Prozesse schon etwas auf die Geburt vorbereitet wird, und in einem Geburtsvorbereitungskurs nur an das Urwissen erinnert wird, und eingeführt werden muss, wie eine Geburt verläuft und wie sie als Gebärende mitwirken kann. Der werdende Vater aber nimmt still an den Veränderungen seiner Partnerin teil, eher in der Beobachterrolle, er sieht was mit ihr passiert, aber fühlt es nicht unbedingt. Er kann nur in den Prozess richtig integriert werden, wenn die werdende Mutter ihn einführt, mit ihm kommuniziert und mit ihm teilt, was in ihr vorgeht.
Die werdende Mutter will heute von ihrem Partner unterstützt werden, und vor allem will sie, dass der junge Vater dann seine Vaterrolle übernimmt. Dafür ist es aber notwendig, dass der Vater schon seit Beginn der Schwangerschaft Zeit hat, sich darauf vorzubereiten, was bei der Geburt passiert, wie es sich anfühlt Vater zu werden, so kann er besser in die Vaterrolle reinwachsen.
Man wird nicht plötzlich Vater mit väterlichen Fähigkeiten und Gefühlen wenn das Kind geboren ist. Der Prozess beginnt schon in der Schwangerschaft. Er muss wissen und mitfühlen können (auf seine männliche Weise) was es heisst, ein menschliches Kind zu zeugen, gebären und dann zu empfangen. Es darf nicht vom Vater erwartet werden, dass er genauso fühlt, reagiert und tickt wie die Mutter.
Geburtsvorbereitung: Eine Herzenssache!
Auch als Mann mit männlichen Eingeschaften kann ein Vater in seine Rolle reinwachsen: wenn jeder Elternteil auf seine Weise, aber gemeinsam, mit dem Einseins des Herzens sich darauf vorbereitet. Das findet natürlich mit viel Kommunikation, Austausch, Zeit miteinander verbringen und Einfühlsvermögen statt. Es ist ein Prozess, der ganz natürlich gehen kann, wenn das Paar in tiefer Verbundenheit lebt, aber es ist keine automatische Sache. Wenn wir Frauen möchten, dass die Väter uns mehr unterstützen und ihre Kinder mit Liebe und Verständnis empfangen, und die Familie in Einheit mit drei (oder mehr) Wesen wächst, dann müssen wir dem werdenden Vater Raum geben.
Aber im Geburtsvorbereitungskurs? Ja, ich empfinde es so, auch im Geburtsvorbereitungskurs, denn auch der Vater darf sich darauf richtig vorbereiten, und nicht nur das erfahren, was seine Partnerin dann davon ihm mitteilt. Da die werdende Mutter und ihr Partner nicht gleich sind – auch wenn gleichberechtigt, aber nicht gleichgeschaffen – ist es meines Erachstens wichtig, dass heute die Väter bei den Kursen dabei sind.
Es geht in so einem Kurs natürlich darum, die werdende Mutter mit dem Wissen zu nähren, aber auch ihre Gefühle zu empfangen, damit sie die physiologischen und seelischen Prozesse, die in ihr stattfinden, versteht und mitwirken kann. Will der Vater aber das auch richtig miterleben, ist es wichtig, dass er den Kurs auch miterlebt, und dass der Geburstvorbereitungskurs den Vater miteinbezieht, und die Dinge so anspricht, dass auch der werdende Vater ein Teil vom Ganzen ist. Er muss wissen, dass der Kurs auch ihm etwas bringt, auch seine Vorbereitung ist, nicht nur die der Gebärende.
Beide Gefühlswelten brauchen Raum!
Es gibt immer mehr Geburtsvorebereitungskurse die versuchen, beide Partner zu integrieren. Es ist dafür wichtig, die weibliche und männliche Verstehensart anzusprechen und die Gefühlswelt beider Geschlechter zu berücksichtigen. Es wird also immer mehr in den Geburtsvorbereitungskursen darum gehen, die Geburt als eine Familienangelegenheit zu sehen, Mutter und Vater gemeinsam einzuführen und zu unterstützen. Als Ganzes – aber mit beiden Verstehensarten, beiden Fühlweisen, beide seelischen Spezifizitäten.
Geburtsvorbeireitungskurse speziell für Väter? Das ist auch ein neuer Trend: manche finden, ein Vater muss von einem Mann eingeführt werden, der kann ihn besser verstehen und ihn dann besser untersützen in das Hineinwachsen seiner neuen Rolle. Das ist also auch eine Option.
Meiner Erfahrung nach würde ich aber dafür eintreten, die Geburtsvorbereitungskurse so zu gestalten, dass beide Partner gemeinsam eingeführt und unterstützt werden, damit sie die Schwangerschaft und Geburt wirklich gemeinsam erleben können. Aber da jeder Partner verschiedene Bedürfnisse hat, könnte eine interessante Ergänzung sein, sowie es Frauenkreise oder Mütterkreise gibt, wo man sich aussprechen kann, über Fragen, Ängste, Freuden und Gefühle reden kann, könnte es auch von einem Mann geleitete Männer- oder Väterkreise geben, wo Väter oder werdende Väter sich unter sich austauschen, unterstützen und helfen, wo sie sich in ihrer männlichen Art fallen lassen können und getragen werden. Es gibt heute so viele verschiedene Arten von Geburtsvorbereitungskursen, und das ist gut so, da jede Familie andere Bedürfnisse haben kann, aber generell ist es wichtig, den werdenden Vater mehr mit einzubeziehen. Es gibt auch solche Kurse schon vereinzelt, es gibt sogar Kurse, von einem Mann geleitet, nur für Väter, um sich auf Geburt und Vaterwerden vorzubereiten. Warum nicht!
Männerkreise
Für mich macht es dennoch durchaus Sinn, einen für beide Eltern gemeinsamen Geburtsvorbereitungskurs anzubieten, ihn so zu gestalten, dass beide werdende Eltern darin wachsen und lernen, als Team. Aber damit er sinnvoll ist und wirklich beide werdende Eltern in ihrer verschiedenen Art respektiert, eine oder zwei spezifische, dazugehörende aber getrennte Frauenkreise (von einer Frau geleitet) und Männerkreise (von einem Mann geleitet), anzubieten. Das könnte für mich ein idealer Geburtsvorebereitungskurs sein, wo der Vater einen wirklichen Platz hat.
Geburtsvorbereitung für Regenbogenfamilien
Man könnte mir vorwerfen, nicht modern genug zu denken, und keine zwei Väter oder zwei Mütter als Familie anzusehen. Nein das ist nicht der Fall, ich spreche hier für die „klassische“ Familie, weil Mann und Frau meistens eben doch unterschiedlich fühlen, das ist schon physiologisch und hormonell bedingt. Aber zwei Mütter und zwei Väter können genauso gut auf die Elternrolle vorbereitet werden. Ob es dafür ein speziell für sie eingerichteten Geburstvorbereitungskurs geben muss, können nur Betroffene beantworten. Vielleicht können solche Familien dann lernen, sich das herauszupicken, was für sie wichtig und sinnvoll ist, wie sie es auch in jeder Situation in der Gesellschaft tun müssen. Aber als Leitende für Geburtsvorebereitungskurse wäre es dann sinnvoll, in einem Gespräch mit diesen werdenden Eltern herauszuarbeiten, welche spezifische Bedürfnisse sie haben, und wie man ihnen am Besten dienen kann.
Väter haben genauso das Recht, im Geburtsprozess integriert zu werden: Frauen, macht ihnen Platz , schenkt ihnen Vertrauen, zeigt ihnen, wie wichtig sie sind!
Über Patricia
Patricia ist Erzieherin, Postpartum Doula, Mutter von zwei Söhnen und Großmutter von einem kleinen Jungen. Ihr Fachgebiet ist eine ganzheitliche Begleitung von Familien vor und nach der Geburt. Mehr über Patricia erfährst du über Facebook-Profil oder in diesem Interview. Über ihr Sternenkind hat sie hier geschrieben.